Roland Berger Krankenhausstudie 2022

Prognose: 70 Prozent der Krankenhäuser machen Verlust

Voraussichtlich neun von zehn Kliniken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft werden in diesem Jahr Verluste schreiben, über alle Trägerformen hinweg sind es wohl knapp 70 Prozent. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der „Krankenhausstudie 2022“ von Roland Berger.

Die wirtschaftliche Situation der deutschen Krankenhäuser hat sich der Studie zufolge in diesem Jahr und insbesondere in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt. Stagnierende stationäre Fallzahlen, der Wegfall der COVID-19-Ausgleichszahlungen und Erlösausfälle durch Personalmangel sorgen für wachsende Defizite.

„Dadurch, dass die Rücklagen vieler Krankenhäuser schon vor Corona sehr gering waren, stehen jetzt viele mit dem Rücken zur Wand“, sagt Peter Magunia, Partner bei Roland Berger. 

Die Stimmung ist so schlecht wie die Lage

Laut Studie, einer Befragung unter Führungskräften der 600 größten deutschen Kliniken, rechnen 96 Prozent mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den nächsten fünf Jahren (2021: 83 %) – der mit Abstand schlechteste Wert seit Beginn der Studienreihe in 2014. 

Auch die Ausgleichszahlungen des Bundes, mit denen pandemiebedingte Umsatzausfälle und Kostenanstiege kompensiert werden sollten, hätte kaum für Entlastung gesorgt: Bei mehr als der Hälfte der Befragten hätten die Zahlungen die zusätzlichen Ausgaben schon im vergangenen Jahr kaum gedeckt, im laufenden Jahr sei die Lücke noch größer.

Knapp 70 Prozent der Kliniken erwarten in diesem Jahr ein Defizit (2021: 62 %), bei den Häusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sind es sogar 90 Prozent (2021: 73 %). Auch die Liquiditätsentwicklung ist stark rückläufig: 62 Prozent rechnen 2022 mit einem Rückgang (2021: 49 %).

Fachkräftemangel und Ambulantisierung prägen die Zukunft

Neben der wirtschaftlichen Situation bereite den Führungskräften der Krankenhäuser der Fachkräftemangel immer größere Sorgen. Viele Beschäftigte, insbesondere in der Pflege, hätten den Beruf gewechselt oder stünden nach zwei Jahren hoher Mehrbelastung nicht mehr im früheren Umfang zur Verfügung.

Dass immer mehr Patientinnen und Patienten ambulant statt stationär behandelt werden, bewerten die Befragten ambivalent: Knapp 60 Prozent sehen darin Chance und Risiko, nur 12 Prozent nehmen die Entwicklung aber als reines Risiko wahr. Für Dreiviertel spielt die Incentivierung der Krankenhäuser durch Erweiterung der ambulanten Abrechnungsmöglichkeiten, z. B. durch Hybrid-DRGs, dabei eine zentrale Rolle.

„Mit dem Wegfall stationärer Erlöse müssen die Krankenhäuser dringend ihre Infrastruktur anpassen und den Aufbau effizienter ambulanter Organisationen vorantreiben“, betont Janes Grotelüschen, Partner bei Roland Berger.