Kopfschmerzen - Digitale Gesundheitslösungen ermöglichen eine individuelle Behandlung

Mehr als ein Drittel der Bevölkerung leidet regelmäßig unter Kopfschmerzen. Anders als bei vielen anderen chronischen Erkrankungen sind häufig bereits Jugendliche und junge Erwachsene betroffen. Der technologische Fortschritt in Diagnostik und Therapie eröffnet neue Chancen.

Sana Kliniken Lübeck - Frauen, Männer, Migräne: Digitale Gesundheitslösungen ermöglichen individuelle Behandlung

Marcus Ohlrich, leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie © Sana Kliniken Lübeck

Darüber berichtet ein Forschungsteam im renommierten Journal Practical Neurology.

Zur Dokumentation des Beschwerdeverlaufs stehen digitale Fragebögen oder app-basierte Tagebücher zur Verfügung. So können Betroffene ihr persönliches Migränemuster präzise erfassen. Die Kombination aus einfachen digitalen Tools und Verhaltenstherapie ist der Schlüssel zur aktiven Selbsthilfe.

Schon einfache digitale Tools können die Versorgungsqualität verbessern und den Zugang zu personalisierter Therapie ermöglichen. Dies ist insbesondere für die jüngeren und technikaffinen Patienten wichtig.

Marcus Ohlrich, leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie der Sana Kliniken Lübeck

Versorgungslücke bei Männern

Neue Studien rücken geschlechtsspezifische Aspekte in den Fokus. Zwar sind Frauen häufiger von Migräne betroffen, doch bei Männern wird die Erkrankung oft nicht richtig diagnostiziert oder behandelt.

Das liegt zum einen daran, dass Migräne vorwiegend als „Frauenkrankheit“ gilt. Dadurch werden Symptome bei Männern häufig zunächst als andere, schwerwiegende Erkrankungen wie Schlaganfall, Hirnhautentzündung oder Gehirntumor fehlinterpretiert.

Zum anderen werden in vielen Studien zur Vorbeugung und Therapie der Migräne kaum männliche Probanden einbezogen. Deshalb fehlen wissenschaftliche Belege zur Wirksamkeit der verfügbaren Therapieansätze für Männer.

„Anders als zum Beispiel in der Schlaganfallmedizin stehen die Frauen im Fokus der Migräneforschung. Wir brauchen daher Studien, die auch Männer einschließen, um die Versorgungslücke zu schließen und eine personalisierte, geschlechtsspezifische Therapie zu ermöglichen“, so Ohlrich. 

Verhaltenstherapie hat hohen Stellenwert

Mit der Bedeutung der Verhaltenstherapie beschäftigte sich ein Forschungsteam aus Spanien und Belgien in einem Fachbeitrag für das European Journal of Neurology. Die Wissenschaftler heben hervor, dass verhaltenstherapeutische Maßnahmen, zum Beispiel zur Stressbewältigung oder Schlafhygiene, in Kombination mit digitalen Anwendungen besonders wirksam sind. 

Die Autoren plädieren für einen multimodalen, personalisierten Behandlungsansatz, der sowohl biologische als auch psychosoziale Faktoren berücksichtigt. Das kann Marcus Ohlrich bestätigen: „Je besser wir den individuellen Verlauf unserer Patientinnen und Patienten verstehen, desto zielgerichteter können wir die Therapie planen.“

Neue Medikamente

In den letzten Jahren hat die medikamentöse Behandlung der Migräne große Fortschritte gemacht. Neue Medikamentenklassen wurden zugelassen, die vielen Betroffenen neue Hoffnung geben. Besonders Patienten, bei denen frühere Therapien nicht ausreichend wirkten und die weiterhin unter häufigen und schweren Attacken litten, profitieren von diesen innovativen Optionen.

Heute stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung: Einige werden als Injektion in größeren Abständen verabreicht – etwa alle ein bis drei Monate – und gehören zur Gruppe der monoklonalen Antikörper. Andere, sogenannte Rezeptor-Antagonisten, sind in Tablettenform erhältlich und können sowohl bei akuten Migräneanfällen als auch zur Vorbeugung eingenommen werden. Bei starker Übelkeit oder Erbrechen während einer akuten Attacke ist bei einigen Präparaten auch die Anwendung als Nasenspray möglich.

Migräne ist eine sehr individuelle Erkrankung, daher gibt es keine Standardlösung für alle. Betroffene und ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte entscheiden gemeinsam, welche Therapie am besten zur persönlichen Lebenssituation, zum Alltag und zum Krankheitsverlauf passt.

Auf dem Weg zu einem maßgeschneiderten Therapiekonzept

Die Forschung schafft ein neues Verständnis der Migräne. Die Medizin wandelt sich von der rein symptomatischen Akutversorgung hin zu einer personalisierten Therapie, die gezielt auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen abgestimmt ist. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das weniger Schmerzen und mehr Kontrolle über den eigenen Genesungsprozess.